Der Käse und der Brunnen
Dem Verhungern nahe hielt ein Fuchs in einer vollmondhellen Nacht an einem alten Brunnen. Darin entdeckte er zu seinem Erstaunen einen großen, runden Käse. Der Fuchs überlegte nicht lange und setzte sich in den Eimer, der über der Brunnenöffnung hing. Er sauste hinab ins Dunkel und sah dabei einen zweiten Eimer an sich vorbei hinaufsteigen. Ein Gefühl des Unbehagens überkam ihn, aber er dachte sich zunächst nichts dabei und stürzte sich unten angekommen sogleich auf den Käse. Sein Maul stieß jedoch nur ins Nass des Brunnenbodens und der Käse verformte sich ins Unkenntliche. Kurze Zeit später war er wieder vollständig. Nach oben blickend entdeckte der Fuchs den Vollmond und verfluchte seine Dummheit. Er dachte jedoch nicht ans Aufgeben und nach Stunden des Hungerns und Zitterns erblickte er oben einen Wolf. "Dieser Nimmersatt ist sicher nicht klüger als ich", dachte der Fuchs und lud ihn zu sich ein, um mit ihm seinen angeblichen Käse zu teilen. Nach dem Sprung des Wolfes in den Eimer oben, sauste dieser in die Tiefe und der Fuchs in die Freiheit. Ein höhnisches Lachen von sich gebend verschwand der Fuchs freudig in der Nacht.
(Frei nach der Fabel "Der Fuchs und der Wolf am Brunnen" von La Fontaine)